Stadtansichten von der Realität inspiriert oder frei inszeniert, geschnitten von Esther Glück und Annette Schröter oder gezeichnet von Katrin Günther, stehen den unberührten Landschaften von Ulrike Heydenreich und Ralph Petschat gegenüber.
Wild durcheinander liegende und stehende Stäbe, Ebenen und Bauten bilden gewagte Konstruktionen auf den großformatigen Tuschezeichnungen von Katrin Günther. Es sind von der Realität inspirierte, in der künstlerischen Umsetzung jedoch frei inszenierte Stadtlandschaften. Die Architekturen wachsen dynamisch immer höher und weiter, streben dem Himmel zu. Viele Gebäude balancieren wie schwebend auf den Stäben. Die Zeichnungen erscheinen als Momentaufnahmen eines fragilen Systems. Schon eine geringe Veränderung droht alles zum Einsturz zu bringen.
Eindrücke neuzeitlicher (Stadt-)Landschaft verarbeitet Annette Schröter in ihren Papierschnitten. Sie sieht das Ungewohnte im Gewohnten, hält eigentlich unspektakuläre Momente und Ansichten fest. Die radikale Reduzierung auf Linien und Flächen führt zu einer sehr klaren Bildsprache, die ihre Vielschichtigkeit erst bei sorgfältiger Betrachtung offenbart. Annette Schröter thematisiert die Ambivalenz der Bilder, lenkt den Blick auf die Schönheit von Technik und Verfall.
Esther Glück schneidet hauchfein mit dem Skalpell: Natur- oder Architekturdarstellungen wechseln mit Aktzeichnungen, geschnitten in weißes Papier. Ihre Arbeiten haben mehrere Ebenen, zeigen Positiv- und Negativformen. Hinter silhouettenhaften Gebäuden und Pflanzen erscheinen als Negativschnitte menschliche Figuren. Diese werden zur Leerstelle, sichtbar und modelliert durch Licht und Schatten auf der Wand. Es ist ein raffiniertes Spiel mit dem Bildraum, mit Linien und Flächen, mit Verbergen und Sichtbarwerden, mit der Präsenz und Absenz des Menschen in der Stadt und der Natur.
Menschenleer sind die schneebedeckten hochalpinen Landschaften von Ulrike Heydenreich. Sie fasziniert die Sehnsucht nach unberührter Natur, dem fernen Unbekannten und Unerreichbaren. In ihren fotorealistischen Bleistiftzeichnungen komponiert sie Ausschnitte von Gebirgspanoramen zu fiktiven, idealen Landschaften, die es so nicht gibt, die aber real erscheinen. Deren räumliche Tiefenwirkung wird durch die Faltung des Papiers und seine Zusammenfügung in architektonisch präzis berechneten Perspektivkästen gesteigert. Die klare, geometrische Struktur der Papierfaltung bildet dabei einen spannenden Kontrast zur ungebändigten Landschaft, die schön und beeindruckend, kraftvoll und gefährdet zugleich ist.
Tief verschneit erscheint der Winterwald von Ralph Petschat. Es ist ein Ort großer Stille, getaucht in flirrendes Licht. Papierschnitte, jeweils einzeln mit mehreren Farbschichten versehen, sind zu einer vielteiligen Collage auf der Leinwand zusammengefügt. Der Gegensatz zwischen den klaren Formen und Kanten der Schnitte und dem aufgebrochenen Farbauftrag irritiert das Auge und lässt das Werk zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion schwanken.
Cityscapes inspired by reality or freely designed, cut by Esther Glück and Annette Schröter or drawn by Katrin Günther, are juxtaposed with pristine landscapes by Ulrike Heydenreich and Ralph Petschat.
A wild chaos of horizontal and vertical rods, different levels, and buildings create bold constructions in Katrin Günther’s large-sized ink drawings. They are inspired of the reality, but in their artistical realization they are free designed urban landscapes.
Her architectures evolve dynamically, ever higher and further, striving towards the sky. Many constructions balance on the rods as if floating. The drawings resemble snapshots of a fragile system. Even the slightest change threatens to bring everything crashing down.
In her paper cuts Annette Schröter reflects impressions of modern (urban) landscape. She sees the unfamiliar in the familiar, captures actually unspectacular moments and views. The radical reduction to lines and surfaces leads to a very clear visual language, which reveals its complexity only with careful observation. Annette Schröter thematizes the ambivalence of the images, directs the attention to the beauty of technology and decay.
Esther Glück uses a scalpel to make razor-thin cuts: images of nature or architecture interchange with drawings of nudes cut into white paper. Her works often have several levels, with positive and negative forms alternating. Human figures as negative cut-outs concealed behind silhouette-like buildings and plants. These figures turn into empty spaces, visible when modelled by light and shade on the wall. The work constitutes ingenious play with the picture space, with lines and surfaces, concealment and emergent visualization, with the human figure’s presence and absence in the city and the nature.
The snow-covered high alpine landscapes by Ulrike Heydenreich are devoid of humans. She is fascinated by the longing for untouched nature, for the unknown and unattainably distant. In her photorealistic pencil drawings, she re-composes various sections of mountain panoramas into fictitious, ideal landscapes that do not exist in this form but certainly seem real. The effect of spatial depth is enhanced by folding the paper and using precisely calculated architectural perspective boxes in the composition. The folded paper’s clear geometric structure creates an exciting contrast to the untamed landscape, which is simultaneously beautiful and impressive, powerful and yet at risk.
Ralph Petschat’s winter forest appears deep in snow: a place of great silence, immersed in shimmering light. Paper cuts, each individually provided with several layers of paint, are assembled into a multipart collage on the canvas. The contrast between the clear shapes and edges of the cuts and the cracked paint application irritates the eye and makes the work oscillate between figuration and abstraction.